Über mich

Als Geschäftsführer der Getränke Kastner GmbH habe ich im August 2019 alle Einwegplastik-Getränkeflaschen bei uns aus dem Sortiment genommen und nur noch Mehrwegflaschen angeboten. Dieser Schritt war ein wirtschaftliches Risiko, da der Einweganteil beim Verkauf von Getränken bundesweit bei weit über 50 Prozent lag. Zum anderem war er aber notwendig, da die unnötige Ressourcenverschwendung aufhören muss und wir ein vorbildliches Mehrweg System in Deutschland haben. In den vergangenen vier Jahren hat sich durch die öffentliche Aufmerksamkeit meiner Aktion unheimlich viel verändert und der Druck der Öffentlichkeit lies den Herstellern keine andere Chance als sich ins Zeug zu hängen und die Getränkeverpackungen umweltfreundlicher und ressourcenschonender zu gestalten.

Materialverlust: Einweg flächendeckend unmöglich

Einige Hersteller werben mit einem Rezyklatanteil von 100 Prozent in ihren Plastikflaschen, was ein Riesenschritt ist und dringend notwendig war, aber ein hundertprozentiger Rezyklatanteil flächendeckend ist natürlich, allein schon aufgrund des Materialverlusts von zehn bis 20 Prozent während dem Recyclingprozess, nicht möglich.


Bei dem konkreten Fall „Lidl“ liegt der Materialverlust aufgrund sehr guter Einwegsystemem wohl bei ungefähr fünf Prozent. (Redaktion)


Ein reeller rPET-Anteil kann bei 70% liegen und muss das Ziel sein. Zudem muss Einweg-PET in Mehrweg-Transportkisten (wie zum Beispiel von „Petcycle“) vertrieben werden, um unnötigen, zusätzlichen Plastikmüll wie bei Lidls Sechser-Packen zu vermeiden. Was denkt ihr, wie viel Müll jährlich durch die Plastikfolierung zusammen kommt?!

Die Zahlen in dem, von Lidl in Auftrag gegebenen Gutachten sind neu, aktuell und keiner weiß, ob sie auch wirklich richtig sind.


Es wird nämlich ein hochmodernes Einwegsystem mit einem Mehrwegsystem von vor über zehn Jahren verglichen, weil es keine aktuelleren Daten gibt. (Redaktion)


Leider hat uns hier die Politik hängen lassen und ein eigentlich zugesagtes Budget von 400.000€ zur Erstellung einer unabhängigen und neutralen Ökobilanz zum Vergleich Mehrweg- vs. Einweg-Getränkeflasche noch freigegeben.


Im ersten Halbjahr 2023 sollte die Studie erscheinen, das ist aber nicht geschehen. (Redaktion)


Keiner, weder die Einweglobby noch die Mehrweglobby will und wird das Geld in die Hand nehmen, um eine neue Öko-Bilanz zu erstellen und so wird weiterhin mit Zahlen aus 2010 gearbeitet.

Krisen schaden dem Mehrweg

Man muss ganz klar sagen, dass es nach der Corona- und Energiekrise sowie der aktuellen Wirtschaftskrise einen klaren Trend zurück zum Einweg gibt, da hier die Discounter mit Ihren Billigprodukten den Markt regieren. Aber aktuell ist für viele Menschen der Preis relevant und wir müssen uns politische Maßnahmen überlegen, wie wir Menschen eine nachhaltige Ernährung zugänglich machen können, ohne das finanzielle Einbußen in Kauf genommen werden müssen. Zum Beispiel könnte man die Mehrwertsteuer für Mehrweg auf 7 Prozent senken und die für Einweg auf 19 Prozent belassen. Schon hätten wir einen Anreiz für Menschen Mehrweg zu kaufen, anstatt alles teurer zu machen und mit Strafabgaben unerschwinglich zu machen.

Generell muss man aber sagen, dass sich beide Verpackungen deutlich verbessert haben in Bezug auf ihre Umweltbilanz: Mehrwegflaschen sind leichter geworden. Die Prozesse und deren Energieverbrauch werden stetig verbessert – Selbst der Wasserverbrauch für das Reinigen der Flaschen ist bei modernen Anlagen deutlich geringer geworden. Aber auch die Einwegflasche hat sich deutlich verbessert: Durch die Steigerung von rPET-Anteilen in der Herstellung werden deutlich weniger neue Materialen und somit weniger Ressourcen verbraucht.

In meinen Augen gehört zur Nachhaltigkeit das große Ganze und da gehört auch der soziale Aspekt dazu, es gehört der Transportweg aber auch der Weg zum Einkaufen sowie die Warenverfügbarkeit. Durch den russischen Angriffskrieg und durch die Energiekrise ist die Herstellung von Glas immens teuer geworden: Eine Glashütte in der Ukraine wurde zerstört und in Deutschland ist es kaum wirtschaftlich machbar, die Glashütten weiterzubetreiben. Das bedeutet, dass die Einwegflasche, auch auf Grund dieser Parameter, wieder an Bedeutung gewinnt. Wir müssen uns damit anfreunden, dass wir beide Verpackungen parallel in den Regalen sehen werden, um eine Warenverfügbarkeit zu haben und unsere Nah-und Grundversorgung weiterhin zu gewährleisten.

Über 100.000 fehlende LKW-Fahrer bundesweit sorgen für ein immer schwieriger werdendes Verhältnis im Warenfluss, was auch den PET-Herstellern entgegenkommt, denn wenn ich 20 Paletten Mehrweg-Glasflaschen lade führt das zu 720 Kisten auf dem LKW, bei 20 Paletten mit Petcycle-Kisten sind es 1200 Kisten, die in einen LKW passen.  Dadurch sind die Frachtkosten für Glas deutlich teurer als für Petcycle. Wenn ich 20€ pro Palette und pro Fracht bezahle, liege ich bei 0,555 € pro Kiste Mehrwegglas und bei 0,333 € pro Petcycle-Kiste.


Hinzu kommt noch das Pfandautomatensystem bei Mehrweg und die Individualisierung der Glasflasche. Auch diese fördert Einweg, denn Individualflaschen können nur an den bestimmten Hersteller zurück gegeben werden, und nicht im Pfandautomaten zurückgegeben werden. (Redaktion)


Alles in allem würde ich sagen, dass wir, auch aufgrund der Pandemie und der aktuellen Krisen, die wir weltweit haben, eine gesunde Mischung aus Mehrweg und Einweg benötigen, um die Preise stabil zu halten und die Warenverfügbarkeit zu gewährleisten.

Als Verbrauchende habt ihr immer die Möglichkeit in Ihrem lokalen Fachhandel einzukaufen, um die Wege kurz zu halten. Ihr habt immer eine große Auswahl an Mehrwegprodukten und ihr werdet auch weiterhin die Möglichkeit haben, PET-Einwegflaschen zu kaufen – Aber Einwegflaschen, die heute deutlich besser sind als 2019.

Achtet darauf, regionale Produkte zu kaufen, verzichtet auf unnötige Verpackungsmaterialien wie z.B. Folie und kauft lokal ein.
Damit macht ihr einen Riesenschritt in die richtige Richtung und helfen mit die Ressourcen zu schonen, den lokalen Fachhandel und somit auch die Nahversorgung aufrecht zu erhalten.


mit Einwilligung leicht bearbeitet vom Umwelt-Magazin

Für unsere Lidl-Recherche konnten wir Kontakt aufnehmen mit dem Bundesumweltministerium, einem Mehrweg-Getränkemarkt, einem Professor für Recycling und Lidl. Deutsche Umwelthilfe und IFEU-Institut haben wir auch kontaktiert, uns wurde aber bisher nicht geantwortet. Hier könnt ihr die vollständigen Antworten lesen.

Lidl

„Die von uns eingeflossenen Daten sind von einem unabhängigen externen Institut überprüft und bestätigt worden.“ ~ Lidl


Lidl haben wir alle in unserem Artikel erwähnten Kritikpunkte geschickt. Uns wurde gleich dreimal geantwortet. Auch auf Nachfrage wurde auf keine der Inhalte unserer Mail genauer eingegangen.


„Bad Wimpfen, den 17.07.2023

Guten Tag ,

vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Kampagne „Aus Liebe zur Natur“.

Das auf dem Einwegpfandsystem beruhende Recycling von PET-Flaschen in Deutschland ist ein Musterbeispiel für funktionierende Wertstoffkreisläufe. Fast alle bepfandeten Einweggetränkeflaschen werden wieder zurückgegeben und wiederverwertet. Nur eine geringe Anzahl von Flaschen wird bspw. durch eine fehlerhafte Entsorgung (bspw. in der Wertstofftonne) nicht in den Pfandkreislauf zurückgeführt. Littering findet in Deutschland mit bepfandeten PET-Flaschen kaum statt, da auch die verbleibenden 1,5 Prozent zu einem großen Teil durch die Entsorgungssysteme eingesammelt und einer Verwertung zugeführt werden.

Weitere Informationen zu unserer Kampagne erhalten Sie unter „diekreislaufflasche.de“.

Herzliche Grüße

[Name]“


„Guten Tag [Name],

vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Kampagne „Aus Liebe zur Natur“.

Wir haben die marktüblichen Größen zur Grundlage der Berechnung gemacht: Neben der 1,5-Liter- Kreislaufflasche haben wir die 0,5-Liter-Kreislaufflasche, 1,0-Liter-PET-Mehrweg und 0,7-Liter-Glas-Mehrweg untersuchen lassen.

Die ökobilanzielle Bewertung von Verpackungen im Allgemeinen ist stark abhängig vom Verhältnis zwischen Verpackungsvolumen und abgefülltem Inhalt. Je weniger Verpackung für eine bestimmte Menge Produkt aufgewendet werden muss, umso besser ist die Ökobilanz. Dies gilt für Mehrweg- wie Einweggetränkeverpackungen gleichermaßen. Die unterschiedlichen Verpackungsgrößen lassen sich dennoch vergleichen, da die Ökobilanz immer auf die funktionelle Einheit von 1.000 Liter Füllgut normiert ist.

Wir sortieren die PET-Flaschen zunächst nach Farbe und schreddern sie dann. Anschließend werden sie zu PET-Flakes gemahlen. In dieser Form durchläuft das PET mehrere Reinigungsdurchgänge. Durch diese intensive Reinigung und die nachgelagerte Weiterverarbeitung stellen wir sicher, dass die PET-Flakes nicht nur äußerlich sauber sind, sondern auch den vorgegebenen hohen Hygiene- und Materialstandards entsprechen.

Mittlerweile haben wir ein Produktionsnetzwerk von fünf Abfüllwerken in Deutschland geschaffen, an denen wir unsere Getränke (Saskia und Freeway) in Kreislaufflaschen abfüllen. Dadurch halten wir die Fahrtwege bei der Auslieferung befüllter Flaschen im regionalen Bereich bei durchschnittlich circa 180 Kilometern. Mit dem Aufbau neuer Recycling- und Kunststoffstandorte haben wir auch die Entfernungen für die Rücktransporte der leeren Flaschen reduziert.

Das auf dem Einwegpfandsystem beruhende Recycling von PET-Flaschen in Deutschland ist ein Musterbeispiel für funktionierende Wertstoffkreisläufe. Fast alle bepfandeten Einweggetränkeflaschen werden wieder zurückgegeben und wiederverwertet. Nur eine geringe Anzahl von Flaschen wird bspw. durch eine fehlerhafte Entsorgung (bspw. in der Wertstofftonne) nicht in den Pfandkreislauf zurückgeführt. Littering findet in Deutschland mit bepfandeten PET-Flaschen kaum statt, da auch die verbleibenden 1,5 Prozent zu einem großen Teil durch die Entsorgungssysteme eingesammelt und einer Verwertung zugeführt werden.

Die Ökobilanz ist durch das ifeu durchgeführt worden. Die Daten, die herangezogenen Daten sind öffentlich zugänglich:

•    GDB Ökobilanz aus dem Jahr 2008
•    IK Ökobilanz aus dem Jahr 2010
•    UBA Texte 19/2016 Prüfung und Aktualisierung der Ökobilanzen für Getränkeverpackungen (ins. Kap 7)
•    Angaben bzgl. Rezyklateinsatz in PET-Mehrweg Flaschen hier und hier
•    Angaben zu den Umlaufhäufigkeiten und zu den Distributionsstrukturen: aus Deloitte 2013 (nicht online verfügbar)

Die von uns eingeflossenen Daten sind von einem unabhängigen externen Institut überprüft und bestätigt worden.

Ein Teil der ISO-Norm ist, dass die Berechnungen von unabhängigen Experten überprüft werden, dazu gehört auch die Prüfung der Datengrundlage. Das gewährleistet die Objektivität und Wissenschaftlichkeit der Ergebnisse.

Weitere Informationen zu unserer Kampagne erhalten Sie unter „diekreislaufflasche.de“.

Herzliche Grüße

[Name]“


Guten Tag [Name],

vielen Dank für Ihr Interesse an unserer Kampagne „Aus Liebe zur Natur“.

Aufgrund seiner Langlebigkeit kann Plastik ein Problem darstellen, wenn es in die Natur gelangt. Das Pfandsystem in Deutschland verhindert das. 98,5 Prozent der Einweg-Pfandflaschen werden zurückgebracht, landen nicht in der Natur, sondern werden wiederverwendet. Wird das daraus gewonnene Rezyklat zur Herstellung neuer Flaschen verwendet, spart es viel Energie und CO2 ein, da es den Einsatz neuem PET-Material vermindert. Dadurch verbessert sich die ökologische Wirkung von PET-Einwegflaschen.

Weitere Informationen zu unserer Kampagne erhalten Sie unter „diekreislaufflasche.de“.

Herzliche Grüße

[Name]“


Bundesumweltministerium

„[B]ei der Sammlung und beim Recycling gehen oft Flaschen und Dosen oder auch Bestandteile der Flaschen und Dosen verloren. Und natürlich kostet Recycling auch viel Energie. Mehrwegflaschen dagegen können viele Male wieder neu befüllt werden.“ ~ Sprecher des BMUV


Auch das Bundesumweltministerium haben wir angeschrieben. Die Mails, die wir verschickt haben, beinhalteten alle unterschiedliche Fragen. Auf unsere Fragen wurde ausführlich geantwortet.


„Lieber [Name],

vielen Dank für die freundliche Anfrage, die ich gerne beantworte. Sie können das unten stehende Statement in Bezug auf einen Sprecher des Bundesumweltministeriums verwenden.

Das Bundesumweltministerium (BMUV) begrüßt die Bemühungen verschiedener Anbieter von Getränken, ihre Verpackungen noch ökologischer zu machen. Dabei gibt es verschiedene Ansätze. Leere Einwegflaschen und -dosen werden in Deutschland sehr gut gesammelt. Das liegt an dem Pfandsystem, das in Deutschland Pflicht ist. Durch die gute Sammlung können die Einwegflaschen und -dosen hochwertig recycelt werden. Hochwertiges Recycling bedeutet: Es ist ökologisch besonders gut, wenn die dabei entstehenden „Rezyklate“ – also das Grundmaterial, das aus den alten Flaschen entsteht – für die Herstellung neuer Flaschen und Dosen verwendet werden. So entsteht ein geschlossener Kreislauf. Allerdings muss auch in einem solchen Kreislauf immer wieder neues Material hinzugefügt werden, also z.B. Flaschen von anderen Herstellern. Denn bei der Sammlung und beim Recycling gehen oft Flaschen und Dosen oder auch Bestandteile der Flaschen und Dosen verloren. Und natürlich kostet Recycling auch viel Energie. Mehrwegflaschen dagegen können viele Male wieder neu befüllt werden. Damit wird verhindert, dass überhaupt Abfall entsteht oder dass es Materialverluste gibt. Hierbei ist es aber wichtig, dass die Mehrwegflaschen möglichst bei lokalen Unternehmen wieder befüllt und möglichst häufig wiederverwendet werden. Damit Verbraucherinnen und Verbraucher bald überall die Wahl haben, welche Verpackungsart sie verwenden möchten, hat das BMUV einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Anbieter von Getränken dazu verpflichtet, auch Getränke in Mehrwegverpackungen anzubieten. Außerdem soll auch die Rückgabe von Mehrwegflaschen und -kästen einfacher werden. Dieser Gesetzesentwurf wird derzeit mit den anderen Ministerien beraten, bevor er im Bundeskabinett beschlossen werden kann. Anschließend beraten die Abgeordneten im Bundestag über den Gesetzesentwurf und verabschieden ihn.

Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung.

Viele Grüße

Christopher Stolzenberg

Pressesprecher“


Professor für Recycling

„[Lidl kann] das jetzt tatsächlich, da [Lidl] vom Flaschenhersteller über Abfüller, Handel , Rücknahme und Recycling alles in einer Hand hat.“ ~ Professor Goldmann


Ja, wir haben weiterhin Kontakt zu Professor Goldmann (TU-Clausthal), mit dem wir auch schon ein langes Interview gemacht haben. Er hat uns erst mit folgender Mail auf die Idee gebracht, über Lidl zu schreiben:


„Hallo Tim,

hallo zusammen,

mal ganz aktuell: vielleicht ist Euch die aktuelle Reklame von Lidl mit Günther Jauch über den Weg gelaufen, die damit werben, eine 100 % Recyclatquote zu erreichen. Die können das jetzt tatsächlich, da hier ein großer Handelskonzern (Lidl/Schwarz-Gruppe) einen großen Entsorger und Verwerter (Tönsmeier-Gruppe) gekauft hat (heißt jetzt PreZero) und damit vom Flaschenhersteller über Abfüller, Handel , Rücknahme und Recycling alles in einer Hand hat.

Viele Grüße

Daniel Goldmann“


Mehrweggetränkehändler

„Die Zahlen in dem, von Lidl in Auftrag gegebenen Gutachten sind neu, aktuell und keiner weiß, ob sie auch wirklich richtig sind. […] Keiner, weder die Einweglobby noch die Mehrweglobby will und wird das Geld in die Hand nehmen, um eine neue Öko-Bilanz zu erstellen und so wird weiterhin mit Zahlen aus 2010 gearbeitet.“ ~ Hans-Peter Kastner

Als wir diese Antwort bekamen, waren wir regelrecht entsetzt, wie ernst man genommen werden kann und wie nett Menschen sein können. Das Statement ist über 800 Wörter lang und an innerhalb eines halben Tages an einem Sonntag Mittag abgeschickt worden. Wir haben dieses Statement nun auch als Gastbeitrag veröffentlicht.

„[mit Einwilligung von uns leicht bearbeitet:] Als Geschäftsführer der Getränke Kastner GmbH habe ich im August 2019 alle Einwegplastik-Getränkeflaschen bei uns aus dem Sortiment genommen und nur noch Mehrwegflaschen angeboten. Dieser Schritt war ein wirtschaftliches Risiko, da der Einweganteil beim Verkauf von Getränken bundesweit bei weit über 50 Prozent lag. Zum anderem war er aber notwendig, da die unnötige Ressourcenverschwendung aufhören muss und wir ein vorbildliches Mehrweg System in Deutschland haben. In den vergangenen vier Jahren hat sich durch die öffentliche Aufmerksamkeit meiner Aktion unheimlich viel verändert und der Druck der Öffentlichkeit lies den Herstellern keine andere Chance als sich ins Zeug zu hängen und die Getränkeverpackungen umweltfreundlicher und ressourcenschonender zu gestalten.

Einige Hersteller werben mit einem Rezyklatanteil von 100 Prozent in ihren Plastikflaschen, was ein Riesenschritt ist und dringend notwendig war, aber ein hundertprozentiger Rezyklatanteil flächendeckend ist natürlich, allein schon aufgrund des Materialverlusts von zehn bis 20 Prozent während dem Recyclingprozess, nicht möglich. [Anm. d. Red.: bei dem konkreten Fall „Lidl“ liegt der Materialverlust aufgrund sehr guter Einwegsystemem wohl bei ungefähr fünf Prozent.]

Ein reeller rPET-Anteil kann bei 70% liegen und muss das Ziel sein. Zudem muss Einweg-PET in Mehrweg-Transportkisten (wie zum Beispiel von „Petcycle“) vertrieben werden, um unnötigen, zusätzlichen Plastikmüll wie bei Lidls Sechser-Packen zu vermeiden. Was denkt ihr, wie viel Müll jährlich durch die Plastikfolierung zusammen kommt?!

Die Zahlen in dem, von Lidl in Auftrag gegebenen Gutachten sind neu, aktuell und keiner weiß, ob sie auch wirklich richtig sind.


Es wird nämlich ein hochmodernes Einwegsystem mit einem Mehrwegsystem von vor über zehn Jahren verglichen, weil es keine aktuelleren Daten gibt. (Redaktion)


Leider hat uns hier die Politik hängen lassen und ein eigentlich zugesagtes Budget von 400.000€ zur Erstellung einer unabhängigen und neutralen Ökobilanz zum Vergleich Mehrweg- vs. Einweg-Getränkeflasche noch freigegeben.


Im ersten Halbjahr 2023 sollte die Studie erscheinen, das ist aber nicht geschehen. (Redaktion)


Keiner, weder die Einweglobby noch die Mehrweglobby will und wird das Geld in die Hand nehmen, um eine neue Öko-Bilanz zu erstellen und so wird weiterhin mit Zahlen aus 2010 gearbeitet.

Man muss ganz klar sagen, dass es nach der Corona- und Energiekrise sowie der aktuellen Wirtschaftskrise einen klaren Trend zurück zum Einweg gibt, da hier die Discounter mit Ihren Billigprodukten den Markt regieren. Aber aktuell ist für viele Menschen der Preis relevant und wir müssen uns politische Maßnahmen überlegen, wie wir Menschen eine nachhaltige Ernährung zugänglich machen können, ohne das finanzielle Einbußen in Kauf genommen werden müssen. Zum Beispiel könnte man die Mehrwertsteuer für Mehrweg auf 7 Prozent senken und die für Einweg auf 19 Prozent belassen. Schon hätten wir einen Anreiz für Menschen Mehrweg zu kaufen, anstatt alles teurer zu machen und mit Strafabgaben unerschwinglich zu machen.

Generell muss man aber sagen, dass sich beide Verpackungen deutlich verbessert haben in Bezug auf ihre Umweltbilanz: Mehrwegflaschen sind leichter geworden. Die Prozesse und deren Energieverbrauch werden stetig verbessert – Selbst der Wasserverbrauch für das Reinigen der Flaschen ist bei modernen Anlagen deutlich geringer geworden. Aber auch die Einwegflasche hat sich deutlich verbessert: Durch die Steigerung von rPET-Anteilen in der Herstellung werden deutlich weniger neue Materialen und somit weniger Ressourcen verbraucht.

In meinen Augen gehört zur Nachhaltigkeit das große Ganze und da gehört auch der soziale Aspekt dazu, es gehört der Transportweg aber auch der Weg zum Einkaufen sowie die Warenverfügbarkeit. Durch den russischen Angriffskrieg und durch die Energiekrise ist die Herstellung von Glas immens teuer geworden: Eine Glashütte in der Ukraine wurde zerstört und in Deutschland ist es kaum wirtschaftlich machbar, die Glashütten weiterzubetreiben. Das bedeutet, dass die Einwegflasche, auch auf Grund dieser Parameter, wieder an Bedeutung gewinnt. Wir müssen uns damit anfreunden, dass wir beide Verpackungen parallel in den Regalen sehen werden, um eine Warenverfügbarkeit zu haben und unsere Nah-und Grundversorgung weiterhin zu gewährleisten.

Über 100.000 fehlende LKW-Fahrer bundesweit sorgen für ein immer schwieriger werdendes Verhältnis im Warenfluss, was auch den PET-Herstellern entgegenkommt, denn wenn ich 20 Paletten Mehrweg-Glasflaschen lade führt das zu 720 Kisten auf dem LKW, bei 20 Paletten mit Petcycle-Kisten sind es 1200 Kisten, die in einen LKW passen.  Dadurch sind die Frachtkosten für Glas deutlich teurer als für Petcycle. Wenn ich 20€ pro Palette und pro Fracht bezahle, liege ich bei 0,555 € pro Kiste Mehrwegglas und bei 0,333 € pro Petcycle-Kiste.


Hinzu kommt noch das Pfandautomatensystem bei Mehrweg und die Individualisierung der Glasflasche. Auch diese fördert Einweg, denn Individualflaschen können nur an den bestimmten Hersteller zurück gegeben werden, und nicht im Pfandautomaten zurückgegeben werden. (Redaktion)


Alles in allem würde ich sagen, dass wir, auch aufgrund der Pandemie und der aktuellen Krisen, die wir weltweit haben, eine gesunde Mischung aus Mehrweg und Einweg benötigen, um die Preise stabil zu halten und die Warenverfügbarkeit zu gewährleisten.

Als Verbrauchende habt ihr immer die Möglichkeit in Ihrem lokalen Fachhandel einzukaufen, um die Wege kurz zu halten. Ihr habt immer eine große Auswahl an Mehrwegprodukten und ihr werdet auch weiterhin die Möglichkeit haben, PET-Einwegflaschen zu kaufen – Aber Einwegflaschen, die heute deutlich besser sind als 2019.

Achtet darauf, regionale Produkte zu kaufen, verzichtet auf unnötige Verpackungsmaterialien wie z.B. Folie und kauft lokal ein.
Damit macht ihr einen Riesenschritt in die richtige Richtung und helfen mit die Ressourcen zu schonen, den lokalen Fachhandel und somit auch die Nahversorgung aufrecht zu erhalten.

„Lidl sagt, das hier sei eine der ökologischen Flaschen – Ausgerechnet die hier: Eine Einwegflasche?!“ So fängt das Werbevideo von Lidl mit Günther Jauch an. Schritt für Schritt erklärt er in etwas weniger als vier Minuten, warum Einweg- plötzlich besser als Mehrwegflaschen sind. Ob das wirklich stimmt? Dazu äußern sich hier Bundesumweltministerium, ein Mehrweg-Getränkemarkt, Lidl selbst, ein Professor für Recycling und wir.


Für diesen Artikel haben konnten wir Kontakt aufnehmen mit dem Bundesumweltministerium, einem Mehrweg-Getränkemarkt, einem Professor für Recycling und Lidl. Deutsche Umwelthilfe und IFEU-Institut haben uns bisher nicht geantwortet.


Unterschied: Einwegflasche oder Mehrwegflasche

Was ist überhaupt eine Einwegflasche? Was ist eine Mehrwegflasche?
Mehrwegflaschen und Einwegflaschen können aus jedem typischen Material bestehen und gehören – im Normalfall – beide in den Pfandautomaten. Der große Unterschied: Beide können wiederverwendet werden. Einweg muss dafür aber jedes mal recycelt werden, Mehrweg kann bis zu 25 Mal (Glas sogar bis zu 50 Mal) wiederbefüllt werden. Dann erst muss es recycelt werden. Danach kann es wieder wiederbefüllt werden – und so weiter…

Lidl sagt…

Nach der kleinen Erklärung der Begriffe würde wohl der Großteil sagen, dass Mehrweg besser ist für die Umwelt. Recycling ist nun mal energieintensiver als Wiederbefüllen.

Schauen wir uns erstmal an, wie Lidl in ihrer 100-Millionen-Euro-Werbekampagne begründet, dass Einwegflaschen nachhaltiger seien. Erstmal werden die Flaschen klein gepresst. Dadurch wird viel Platz für den Transport gespart. Günther Jauch sagt staunend: „So passt nämlich in nur einen LKW wofür man bei Flaschen in Kästen ganze 26 LKW bräuchte, was dann natürlich auch 26 mal so viel CO₂-Verbrauch bedeutet.“ Inhaltlich macht das Sinn, grammatikalisch weniger. Dann schreddert und wäscht man die Flaschen. Letztendlich werden die ganzen Plastikteile zu neuen Flaschen verarbeitet. Diese „Flaschen“ sind aber sehr klein und sehen so aus:
„Die werden nur deshalb so klein hergestellt, damit mal wieder deutlich mehr von ihnen auf einen LKW passen.“ Günther Jauch trägt während er redet so viel von diesem sogenannten Granulat, dass er sozusagen acht Kästen Flaschen trägt. „Machen Sie mir das im richtigen Leben mal nach!“

„Mittlerweile haben wir ein Produktionsnetzwerk von fünf Abfüllwerken in Deutschland geschaffen, an denen wir unsere Getränke (Saskia und Freeway) in Kreislaufflaschen abfüllen. Dadurch halten wir die Fahrtwege bei der Auslieferung befüllter Flaschen im regionalen Bereich bei durchschnittlich circa 180 Kilometern. Mit dem Aufbau neuer Recycling- und Kunststoffstandorte haben wir auch die Entfernungen für die Rücktransporte der leeren Flaschen reduziert.“

Nun werden die Daten des IFEU-Instituts präsentiert. Das IFEU-Institut arbeitet unter anderem für das Umweltministerium und wurde von Lidl beauftragt zu errechnen, welches System besser sei. „Das IFEU-Institut hat errechnet, dass die Kreislaufflasche mindestens 20 Prozent CO₂ gegenüber dem untersuchten PET-Mehrweg einspart. Gegenüber marktüblichen Glasmehrwegflaschen wird der CO₂-Ausstoß sogar fast halbiert.“

Professor Daniel Goldmann, Professor für Recycling an der TU Clausthal, hat uns über die Glaubwürdigkeit der Werbung Folgendes geschrieben:

„Die können das jetzt tatsächlich [alles recyceln], da hier ein großer Handelskonzern (Lidl/Schwarz-Gruppe) einen großen Entsorger und Verwerter (Tönsmeier-Gruppe) gekauft hat (heißt jetzt PreZero) und damit vom Flaschenhersteller über Abfüller, Handel, Rücknahme und Recycling alles in einer Hand hat.“

Lidls Flaschen können also recycelt werden. Lidl hat angeblich wegen der Nachhaltigkeit nur Einwegflaschen im Sortiment. Ob die „Kreislaufflasche“ aber in dem Fall die nachhaltigste Variante ist, ist noch nicht geklärt.

Kritiker*innen sagen…

Recycling führt immer zu Materialverlust. Auf dem Weg zur Kreisslaufflasche gehen laut Deutscher Umwelthilfe ungefähr fünf Prozent des Materials verloren. Das muss in Fällen wie bei Lidl entweder durch Neuplastik oder durch anderes recyceltes Plastik ersetzt werden – durch recyceltes Plastik von Kaufland. Dass das, wenn alle Discounter und Supermärkte so handeln würde, nicht mehr funktionieren kann, meint auch Hans-Peter Kastner:

„[…] ein hundertprozentiger Rezyklatanteil flächendeckend ist natürlich, allein schon aufgrund des Materialverlusts […] während dem Recyclingprozess, nicht möglich. […] Ein reeller rPET-Anteil kann bei 70% liegen und muss das Ziel sein.“

Er führt den ersten Getränkemarkt in Deutschland, der nur noch Mehrwegflaschen anbietet, wurde zum Vorreiter seiner Branche und bekam viel mediale Aufmerksamkeit. Auch ein Sprecher des Bundesumweltministerium schreibt uns:

„Es ist ökologisch besonders gut, wenn die dabei entstehenden „Rezyklate“ – also das Grundmaterial, das aus den alten Flaschen entsteht – für die Herstellung neuer Flaschen und Dosen verwendet werden. So entsteht ein geschlossener Kreislauf. Allerdings muss auch in einem solchen Kreislauf immer wieder neues Material hinzugefügt werden, also z.B. Flaschen von anderen Herstellern. Denn bei der Sammlung und beim Recycling gehen oft Flaschen und Dosen oder auch Bestandteile der Flaschen und Dosen verloren. Und natürlich kostet Recycling auch viel Energie. Mehrwegflaschen dagegen können viele Male wieder neu befüllt werden. Damit wird verhindert, dass überhaupt Abfall entsteht oder dass es Materialverluste gibt.“

Das häufig vom Umweltministerium beauftragte IFEU-Institut hat – wie gesagt – gleichzeitig auch die Studie durchgeführt, die Lidl in Auftrag gegeben hat und geschrieben:

„Es ist ausdrücklich festzuhalten, dass die Ergebnisse der hochoptimierten PET-
Einweg Kreislaufflaschen nicht auf die Gesamtheit der am Markt befindlichen PET-
Einwegflaschen übertragen werden können. Insbesondere kann ein Materialein-
satz von 100 % rezykliertem PET im deutschen Markt nicht für alle Marktteilnehmer
erreicht werden.“

An dieser Studie und damit an der Arbeit des IFEU-Instituts gibt es auch einige Kritik:

„Die Zahlen in dem, von Lidl in Auftrag gegebenen Gutachten sind neu, aktuell und keiner weiß, ob sie auch wirklich richtig sind.“

sagt Hans-Peter Kastner. Auch die Deutsche Umwelthilfe hat in ihrem Faktencheck zu der „Kreislaufflasche“ geschrieben, dass in der Studie ein hochmodernes Einweg-Recyclingsystem mit einem teils zehn Jahre alten Mehrweg-Recyclingsystem verglichen werde.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass verschieden große Flaschen miteinander verglichen wurden. In dem Video mit Günther Jauch und auf der entsprechenden Internetseite wurden die jeweils handelsüblichen Flaschen im Bereich Mehrweg und Einweg genauer betrachtet: Eine 0,7-Liter-Mehrwegflasche (Glas), eine 1-Liter-Mehrwegflasche (PET) und eine 1,5-Liter-Einwegflasche (PET) wurden miteinander verglichen – Und, ja, sie wurden allesamt auf 1.000 Liter hochgerechnet und die Studie ergab, dass Einweg deutlich nachhaltiger ist. Grundsätzlich sind aber zum Beispiel durch Etiketten und Deckel die großen Flaschen beim Hochrechnen im Vorteil und nachhaltiger, denn bei beispielsweise fünf großen und zehn kleinen Flaschen benötigen die zehn kleinen Flaschen mehr umweltschädliche Deckel. Die vierte Flasche, die angeschaut wurde, von der Lidl in der Werbung aber nichts erzählt, ist aus Glas und hat ein Füllvolumen von 0,5 Litern. Im Vergleich mit der 0,7-Liter-Mehrwegflasche schneidet da tatsächlich Mehrweg besser ab! Die Größen der Flaschen scheinen also wirklich eine Auswirkung auf die CO₂-Bilanz zu haben.

Am Ende der Studie wird das auch betont: „Die 0,5 l PET-Einwegflasche zeigt gegen-
über der 1,0 l PET-Mehrwegflasche deutliche Nachteile, aber gegenüber der 0,7 l
Glas-Mehrwegfalsche tendenziell eher bessere Ergebnisse über alle Wirkungskate-
gorien hinweg. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist das unterschiedliche Füll-
volumen, das auch unterschiedliche Bedürfnisse anspricht, zu berücksichtigen.“

Wenn Lidl also auf ihrer Website also schreibt: „Die Kreislaufflasche von Lidl wird mit zwei ausgewählten Mehrwegflaschen verglichen, einer 1,0-Liter- PET-Pool-Mehrwegflasche (der Genossenschaft Deutscher Brunnen GDB) und einer 0,7-Liter-Glas- Pool-Mehrwegflasche (GDB).“ ist wäre das in der Logik zwar richtig, korrekter wäre aber, wenn sie von allen dreien schreiben würden.

Fazit

Lidls „Kreislaufflasche“ ist ein Ausnahmefall und wird sicher nicht sonderlich umweltschädlich sein. Dass sie aber eine der ökologischten Flaschen ist, kann man aber nicht mit Gewissheit sagen. Es wurden veralte mit hochmodernen, neuen Daten verglichen und Flaschen wurden einem vorbehalten. Auch, wenn Lidls Kampagne suggeriert, dass das gesamte Einwegsystem besser sei als das Mehrwegsystem: Es gibt zahlreiche Studien, die anderes besagen. Lidls Einwegystem lässt sich durch die farbigen Flaschen von Lidl, die nicht mit anderen durchsichtigen Flaschen vermischt werden können und den Materialverlust momentan nicht nachhaltig auf ganz Deutschland ausweiten. Trotzdem ist auch das Mehrwegsystem nicht immer gleich ökologisch. Es gilt: Je kürzer die Transportwege, desto besser für die Umwelt.

Quellen

Wir haben mit Roland Stiegler, dem Gründer von Eco-so-lo, gesprochen! Eco-so-lo ist eine Suchmaschine für nachhaltige Firmen und Produkte. Roland Stiegler ist ein weiterer Mensch, der die Welt ein Stück weit besser macht 🙂 Scrollt schnell nach unten, um das Interview anzusehen!


Es ist vollkommen umsonst, mit Riesenschiffen auf dem Meer zu fahren und Fische rauszuziehen mit Schleppnetzen: Man zahlt für die Fische nichts, macht das Meer kaputt, aber zahlt nichts dafür. Wir müssen das Prinzip unseres Wirtschaftens umdrehen! ~ Roland Stiegler, Eco-so-lo-Gründer


Unsere Fragen

  • Wie kamst du auf die Idee von Eco-so-lo? – 0:27
  • An wen richtet sich das Projekt? – 2:15
  • Wie funktioniert deine Website und wie bedient man sie? – 3:46
  • Hast du den Artikel zu »Ecosia erstellt oder war das Ecosia selbst? –
    5:25
  • Gab es schon Vorfälle, bei denen Einträge korrigiert oder richtig gesperrt werden mussten? – 7:31
  • Wie finanziert sich dein Projekt, durch Spenden? – 9:27
  • Wenn du eine persönliche Klima-Botschaft an die Menschen richten dürftest – welche wäre das? – 11:59
  • Wer ist an deinem Projekt beteiligt? – 18:23

Wir könnten hier zum Beispiel die Inhalte, die im Laufe der Zeit erwähnt wurden und nicht unbedingt die Fragen beantworten, auch noch auflisten, aber dann würde man sich womöglich nur das aussuchen, was einen in dem Moment interessiert. So guckt man hoffentlich eher alles, bekommt Inspirationen und bemerkt, was noch wichtig ist.


Das Interview

Die Zeitangaben-Links führen zu YouTube.


Was ist Ecosia und ist die Umwelt-Suchmaschine wirklich so toll? – als Plakat und Artikel!

Plakat

Klicke drauf!

Anmerkung zu „Eine Sekunde auf Google verursacht 510,49 kg CO₂“: Die Daten sind aus dem Jahr 2015. Expert*innen gehen mittlerweile von einer Steigung des Energieverbrauchs von Google aus: Statt 5,7 Terrawattstunden Strom verbrauche Google nun eher 12,4 Terrawattstunden. Dafür nutzt Google (eigene Angaben) mittlerweile 100% erneuerbare Energien.

Begriffserklärungen

Klicke drauf!

Die bekannteste Suchmaschine ist wohl Google. Über 90 Prozent der Deutschen nutzen Google. Nachhaltig ist der Konzern aber nicht unbedingt: 510,49kg CO₂ werden sekündlich ausgestoßen – 23 Bäume müssten pro Sekunde Auf-Google-Sein gepflanzt werden. Google unterstützt außerdem mehrere Gruppen, die sich dafür einsetzen zu verbreiten, dass die Klimakrise als nicht belegt gilt. Es gab zahlreiche Fälle, bei denen vermeintliche Wissenschaftler*innen im US-Fernsehen die Klimakrise leugneten.

Die Unterstützung folgender Institute ist unter anderem bekannt geworden:

  • Cato Institute
  • Competitive Enterprise Institute (CEI)
  • U.S. Chamber of Commerce

Das U.S. Chamber of Commerce unterstützt übrigens öffentlich Donald Trump, woraufhin Apple bei dieser sogenannten Denkfabrik ausgetreten ist.


Joana Moll ist eine Forscherin und Künstlerin aus Barcelona und hat einige Projekte zum Thema Energieverbauch und Umweltschädlichkeit von Internet gemacht – u. A.: Wie viel CO₂ stößt Auf-Google-Sein aus? Dort wird angezeigt, wieviel CO₂ man verbuchen würde, wenn die Website Google wäre. Auf der Projektseite von „DEFOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOREST“ wird gezeigt, wieviele Bäume pro Zeit gepflanzt werden müssten, um die Umweltschäden von Google wieder „gutzumachen“. Ein weiteres Projekt, „The Hidden Life of an Amazon User“ verdeutlicht auf umgerechnet fast 9.000 DIN-A4-Seiten, was im Hintergrund passiert, wenn man auf Amazon nach einem Buch von Jeff Bezos sucht.


Ecosia ist so eher nicht. Durch Baumpflanzungen und die Unterstützung von Solaranlagen ist Ecosia klimapositiv. Ihre Einnahmen und Ausgaben werden hier auf ihrer Website veröffentlicht und sind also sehr transparent. Ein Großteil ihrer Einnahmen werden an mal größere, mal kleinere Baumpflanzorganisationen aus vielen Ländern weitergereicht. Hier ein Überblick von Ecosia über aktuelle Partnerorganisationen in den Ländern. Das „Baumpflanz-Team“ von Ecosia schaut manchmal bei den Pflanzorten vorbei, um über den Stand der Dinge informiert zu werden, also darüber,wie viele Bäume gepflanzt wurden. Es wird außerdem streng darauf geachtet, dass keine Monukulturen entstehen, sondern die Bäume richtig gepflanzt werden. Bei FridaysForFuture ist das Ecosia-Team auch manchmal als Redner zu Gast und der Gründer von Ecosia hat sich enteignet und mit Hilfe der Purpose-Stiftung dafür gesorgt, dass es auch rechtlich unmöglich ist, den Unternehmens-zielen nicht mehr treu zu sein. Übrigens: Ecosia nutzt die Suchalgorythmen von Microsoft Bing. Wenn ihr mal etwas nicht finden solltet, könnt ihr „#g“ eingeben, dann werdet ihr zu Google weitergeleitet. Einige Konzerne wie RWE markiert Ecosia übrigens mit einem schmutzigen Kohlekraftwerk und andere dagegen mit einem grünen Blatt. Große Unternehmen wie Netflix, Amazon, Twitter oder Meta werden in Zusammenarbeit mit der TU Berlin auf ihre Nachhaltigkeitsberichte hin bewertet. Die jeweilige Note (A-F) steht klein neben dem Suchergebnis. Schaut euch gerne mal die Youtube-Videos (Eng.) von Ecosia an oder durchstöbert deren Blog, um weitere Informationen zu erhalten.

Quellen:

Weg vom russischen Gas; raus aus der Abhängigkeit von Gas- und Öl-Lieferanten – das ist ein Ziel, welches sich die Bundesregierung durch den Ukraine-Krieg setzen musste. Umweltaktivisten kämpfen zudem schon seit Jahren für den Ausstieg aus der Kohle. Wasserstoff wird als umweltfreundliche Alternative zu Kohle, Öl und Gas betrachtet. Zurecht?

Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum und kommt hauptsächlich gebunden mit Sauerstoff in Wasser (H₂O) oder als Wasserstoffgas (H₂) in molekularer Form auf der Erde vor.

Wasser und Wasserstoff sind nicht das Gleiche. Anders als im All ist auf der Erde kaum reiner Wasserstoff vorhanden. Zusammen mit anderen Elementen bildet er zum Beispiel Erdöl, verschiedene Mineralien und Methan; in Verbindung mit Sauerstoff  kommt er als flüssiges Wasser, Eis oder Wasserdampf vor. Auf der Erde müsste einem also vor allem die Mischung aus Wasser- und Sauerstoff bekannt sein, im (restlichen) Universum dagegen nicht, dort liegt der Wasserstoffanteil statt bei (geringen) 0,87 Prozent bei 70 Prozent.

Reiner Wasserstoff kann weder brennen noch explodieren!

Vor Kurzem sind in Norddeutschland die ersten wasserstoff-betriebenen Züge in Betriebe genommen worden. Aber jahrzehntelang galt Wasserstoff als zu gefährlich.

 

Ein Grund dafür: die Katastrophe von 1937 mit dem Luftschiff „Hindenburg“, in dessen Heckteil durch Wasserstoff ein Feuer ausbrach, was eine Explosion bewirkte. Der genaue Verlauf des Unglücks ist bis heute unklar. Am Unglückstag (6. Mai 1937) war der Himmel gewittrig und aus irgendeinem Grund kam es wohl zu einer elektrostatischen Entladung (vielleicht ein Blitzeinschlag?). Dann fing Wasserstoff an zu brennen. Das Benzin für die Motoren sorgte für eine Ausbreitung des Feuers.

Ganz genau weiß man es nicht. „Fest steht, dass vollständig reiner Wasserstoff weder brennen noch explodieren kann, aber eben doch, wenn er mit anderen Stoffen reagiert. Wasserstoff als Energieträger ist, wenn man sich möglicher Gefahren bewusst ist, ungefährlich!“ sagt Stina Christiansen von der Firma GP Joule, die erneuerbare Energien anbietet.

„Wasserstoff ist in Verbindung mit Sauerstoff brennbar und ab einem bestimmten Verhältnis ist ein Gemisch explosiv. Dazu ist allerdings ein Anteil von mindestens 18 % Wasserstoff nötig. Das kommt sehr selten zustande. Wasserstoff ist über 14x leichter als Luft und verflüchtigt sich somit sehr schnell.“


Ist Wasserstoff eine Energie der Zukunft?

Elektrolyse, um Grünen Wasserstoff zu gewinnen. Schul-Experiment-Anleitung siehe PDF.

Gefährlich scheint Wasserstoff  nicht zu sein – oder? Vielleicht doch: Gefährlich für die Umwelt. Auch Wasserstoff kann  umweltschädlich sein, nämlich dann, wenn es sich nicht um „GRÜNEN Wasserstoff“ handelt, welcher per Elektrolyse gewonnen wird.

Neben Grünem gibt es auch noch braunen, rosafarbenen, schwarzen, gelben, türkisfarbenen, blauen und vor allem grauen Wasserstoff, der im Moment hauptsächlich genutzt wird. Leider, denn „Grauer Wasserstoff“ wird durch die Dampfreformierung fossiler Brennstoffe wie Erdgas, Kohle oder Öl erzeugt. Dabei entsteht als Abfallprodukt CO₂ und das erwärmt (wie Methangas auch) das Klima.

Letztendlich gibt es sehr viele Varianten von Wasserstoff-Herstellung und eigentlich ist nur grüner Wasserstoff zukunftsfähig, vor allem, weil der Strom, der für die Elektrolyse benötigt wird, per Definition aus erneuerbaren Energien gewonnen wird und so bei der Produktion keine weiteren Treibhausgase entstehen. Doch im Moment gibt es noch das Problem, dass der Ökostrom für den Wasserstoff sehr teuer ist und es sich deshalb häufig kaum lohnt, grünen Wasserstoff anzubieten.

Aber ist das nicht ein Umweg?

Man verbraucht Ökostrom, um mit grünem Wasserstoff Ökostrom herzustellen. Grüner Wasserstoff ist eine gute Lösung, um die bisherigen Erneuerbaren zu ergänzen, bzw. er könnte als eine Art „Zwischen-Energiespeicher“ dienen. Windenergie funktioniert nämlich nicht, wenn kein Wind da ist, Solarenergie nicht, wenn keine Sonne scheint. Man nennt das Problem „Dunkelflaute“. Gleichzeitig gibt es momentan noch keine effizienten Speicher: Wenn es mal richtig stürmt oder die Sonne brennt und dadurch mehr Energie produziert wird als in dem Moment nötig, kann diese zu viel erzeugte Energie kaum richtig gespeichert und später wieder benutzt werden. Wenn man nun mit dieser Energie Wasserstoff produzieren würde und ihn erst in Energie umwandelte, wenn sie benötigt würde, zum Beispiel während einer Dunkelflaute, könnte Wasserstoff fast schon ein Ersatz für die Speicher sein.

„Es ist richtig, dass sehr viel Strom für die Produktion von Wasserstoff benötigt wird. Wenn man jedoch bedenkt, dass der Strom (z. B. aus Wind und Sonne) ansonsten gar nicht genutzt werden würde, sondern verpufft, stellt die Nutzung von Wasserstoff eine sehr gute Möglichkeit der Speicherung sowie Ergänzung zur Energie durch Wind und Sonne und ebenso zur Elektromobilität dar.“ (Stina Christiansen, GP Joule)


Grüner Wasserstoff ist vor Allem ein alternativer Treibstoff!

Elektroautos gibt es schon seit über 20 Jahren  und schaffen mittlerweile durchschnittlich 400-600 Kilometer, danach müssen die meisten Modelle erst einmal stundenlang laden, solange keine Schnellladestelle zur Verfügung steht. Die wenigen Wasserstoff-Automodelle auf dem Markt dagegen schaffen schon ungefähr 650 Kilometer, haben also eine Reichweite, die der eines Benziners entspricht. Auch ist die Herstellung von Wasserstoff viel ressourcensparender als die einer Batterie für E-Autos. Wenn wir Wasserstoff umfassend in der Mobilität einsetzen würden, hätten wir 22 Prozent weniger Emissionen.

„In der Praxis ist [Wasserstoff] […] weniger gefährlich als beispielsweise andere Auto-Treibstoffe.“ (Stina Christiansen, GP Joule)

Noch bis ins 20. Jahrhundert wurde Stadtgas statt Erdgas verwendet. Es bestand zu über 50 Prozent aus Wasserstoff. Es ist auch technisch möglich, das Gasnetz vollständig zu einem Wasserstoffnetz zu machen. Heizungen vertragen mehr als 20 Prozent Wasserstoff. Theoretisch könnte aber überschüssiger Ökostrom durch einen Elektrolyseur in Wasserstoff verwandeln werden und, wenn es an Ökostrom mangelt, durch Brennstoffzellen als Wärme nutzen.

Wenn wir es in Deutschland schaffen würden, mit Hilfe von grünem Wasserstoff alle Emissionen im Heiz- und Strombereich zu reduzieren, hätten wir 42 Prozent weniger Emissionen!

Doch was ist mit dem restlichen CO₂?  Allein für 7 Prozent der aktuellen CO2-Emission ist die Stahlindustrie verantwortlich. Aktuell nutzt man Kohlenstoff (aus Kohle), die sich im Hochofen mit Sauerstoff aus Eisenerz verbindet, um Stahl herzustellen. Statt der Kohle kann man aber auch Wasserstoff verwenden, um den Sauerstoff aus dem Eisenerz zu lösen und dadurch Stahl herstellen.

Alle Parteien im Bundestag (außer der AfD, die alle erneuerbaren Energien strikt ablehnt) sind mal klarer und mal weniger klar für die bevorzugte Verwendung von Wasserstoff in der Stahlindustrie oder in „Industrien, bei denen es zurzeit noch keine ökologischen Alternativen gibt“. Doch für eine wasserstoffbasierte Produktion bräuchte man ungefähr doppelt so viel Strom in der Stahlindustrie wie bisher.


Woher bekommen wir den Ökostrom für den ganzen Wasserstoff?

Wir in Deutschland können wohl höchstens 800 Mrd. kWh schaffen, im Moment stehen wir bei 250 Mrd. kWh. Aber wir könnten aus anderen Ländern Ökostrom bekommen – statt fossiler Energien. Vor allem Wüsten bilden gute Chancen. Vielleicht etwas überdimensioniert ist diese Vorstellung, denn auch Wüsten sind Ökosysteme, aber:

Mit einer gut durchdachten und gut strukturierten Solartechnologie in der Sahara-Wüste könnte das 7.000-fache des Energiebedarfs ganz Europas abgedeckt werden!

„Es reichen bereits 830 Elektrolyseure à 100 Megawatt aus, um eine Vollversorgung in Deutschland zu gewährleisten. Solch ein Elektrolyseur braucht mit Nebenanlagen ungefähr so viel Platz wie eine Tankstelle. Von denen haben wir 14.000 in Deutschland. Zudem lässt sich das Erdgas-Netz mit einigen Anpassungen für Wasserstoff nutzen. Die Pipelines sind vorhanden und mit entsprechenden Ertüchtigungen geeignet; das haben die Ferngasnetz-Betreiber bereits untersucht.“ (Stina Christiansen, GP Joule)


Was tut die Politik?

Laut nationaler Wasserstoffstrategie sollen 9 Milliarden Euro für Wasserstoff bereitgestellt werden – davon 2 Milliarden für den Ausbau internationaler Partnerschaften. Es wurde außerdem ein Wasserstoffrat aus 25 Experten einberufen. Der ganze Plan beginnt damit, dass bis 2023 der Markthochlauf begonnen haben soll (Das heißt, „der Markt“ bietet in dem Fall Wasserstoff normal an und Wasserstoff fängt an, verbreitet zu sein). Damit das geschieht, steht im Raum, dass grünen Wasserstoff herzustellen, weniger Steuern, Umlagen, Abgaben kosten soll. Auch CO₂ könnte dann noch teurer werden. 2007 lag der CO₂-Preis übrigens in der EU noch bei durchschnittlich 0,73 Euro pro Tonne, jetzt liegt er zwischen 50 und 80 Euro.

Außerdem sollen Wasserstoffhersteller und Netzbetreiber durch ein bis zwei Modellprojekte besser zusammenarbeiten können und als Folge dadurch eine Netzentlastung entstehen zu angemessen Preisen. Auch werden Chemie- und Stahlindustrie gefördert, wenn sie statt Kohle Wasserstoff verwenden. Und – natürlich sollen Erneuerbare insgesamt vorangetrieben werden, damit man genug Wasserstoff aus der in dem Moment überschüssigen Energie machen kann. Sowohl für Auto als auch für Flugzeuge soll Einsatz von Wasserstoff bei der Herstellung gefördert werden und es soll einen Mindestanteil an Nutzung von Ökoenergien im Verkehr festgelegt werden, der deutlich höher ist, als in der EU. Etwa bei der Flugzeugindustrie sollen bis 2030 mindestens 2 Prozent von den für die Herstellung benötigten Stoffen Wasserstoff sein..

Sowohl im Industriebereich als auch im privaten Haus soll Wasserstoff gefördert werden. Außerdem werden größere Bildungs- und Forschungs-Projekte sowie der Ausbau des Wasserstoff-Tankstellennetzes geplant.


Quellen: